HOME   BIOGRAFIE   BIBLIOGRAFIE   COVER GALLERY   REZENSIONEN   ZELLULOID   FEATURES   LINKS   KONSUM
 
GESCHAFFT. DAS FORUM VON PHILIPKDICK.DE IST ENDLICH ONLINE!
 

Paycheck - das Ich als Fluchthelfer
Von Christian Gaca | Januar 2004

Dass Regisseur John Woo kaum plötzlich vom Actionfanatiker zum Philosophen konvertiert, war ja gewissermaßen vorauszusehen. Auch ohne präkognitive Fähigkeiten oder eine erstaunliche Maschine zu besitzen, die den Blick in die Zukunft erlauben. So gesehen können sich alle Fans von Philip K. Dick entspannen und sich einfach nur fragen: Will ich mal wieder die lupenreine Hollywood-Übersetzung einer der verehrten Dick-Stories im Kino erleben?

Es sei voran gestellt: Der Stoff von Philip K. Dick, es hat sich erneut bewahrheitet, eignet sich nur bedingt für die an klinisch reine Happy Ends gewöhnte US-Mainstream-Kultur. Dafür scheinen die von Dick und anderen Science Fiction-Autoren in den 1950er bis 1960er Jahren entwickelten Ideenwelten an sich umso geeigneter zu sein. Womit denn auch die frohe Botschaft verkündet werden kann: Der Plot der Kurzgeschichte Paycheck, von Dick 1952 erdacht, bleibt mehr als nur im Groben erhalten.

Der Weg, wie Techniker Michael Jennings (Ben Affleck) sein Dilemma zu lösen weiß, hält sich stark an die literarische Vorlage. Auch im Film lässt sich Jennings auf einen Deal mit dem schmierigen James Rethrick (Aaron Eckhart), Boss von Rethrick Corporation ein. Jennings verpflichtet sich, drei Jahre lang etwas für Rethrick Corp. zu entwickeln und nach der Beendigung der Arbeit sein Gedächtnis bis zu jenem Augenblick löschen zu lassen, an dem er in den Deal einwilligte.

Versprochener Lohn für drei vergessene Jahre: ein hoher achtstelliger Millionenbetrag. Den soll Jennings erhalten, nachdem sein Gedächtnis gelöscht worden ist. Doch als der smarte Techniker in der Bank sitzt, um das Geld einzukassieren, bekommt er nur einen Umschlag mit 20 ausgesprochen alltäglichen und auf den ersten Blick völlig wertlosen Gegenständen ausgehändigt. Hat Jennings auf eigenen Wunsch vor vier Wochen statt des Geldes hinterlegen lassen. Von sich selbst. Dass da irgendwas nicht stimmen kann, leuchtet ein.

Ab hier nämlich, nicht nur weil aus den sieben Gegenständen der Dick-Vorlage fast dreimal so viele geworden sind und eine Frau nie auftaucht, dafür aber die bildhübsche buchfremde Biologin Rachel Porter (Uma Thurman) diese Rolle bereits übernommen hat, beginnt der Plot immer mehr vom Original abzudriften. Drehbuchautor Dean Georgaris sei die künstlerische Freiheit zweifelsohne gewährt, schließlich ist Paycheck im Original "nur" eine Kurzgeschichte und ein Kinofilm meistens über 100 Minuten lang.

Und sowieso: Wer wollte es etwa dem Produzenten verwehren, in den Umschlag einen BMW-Autoschlüssel einzuschmuggeln, damit Jennings im Film in einer wirklich coolen Verfolgungsjagd auf einem BMW-Motorrad den Häschern des FBI entkommen kann. Ist schließlich spannender als immer nur Bus zu fahren, bringt zudem ein paar Dollars nebenbei für Product Placement und BMW freundliche Presse (bitte sehr!) ein. Apropos FBI: Dass im Film die freundlichen Herren der amerikanischen Staatssicherheit für den totalitären Polizeistaat aus der Kurzgeschichtenvorlage herhalten müssen, hätte Philip K. bestimmt gefallen. Nicht ohne Grund, das sei angemerkt.

Und so hangelt sich Jennings fortan mit Hilfe seiner Gegenstände durch haarsträubende Situationen, bis er irgendwann zu realisieren scheint, dass natürlich nur er selbst den Lauf der Dinge geplant haben kann, weil er bei Rethrick Corp. an etwas gearbeitet haben muss, dass den Menschen einen Blick in die Zukunft erlaubt. Das Spiel mit der Zeit stellt nun die alles entscheidende Frage: Wer hat den letzten Blick in die Zukunft - Earl Rethrick oder Michael Jennings?

Hier sind sich Filmautor und Philip K. Dick zwar abschließend einig, in der Gestaltung des Schlusses, den Motiven für das menschliche Handeln der Personen aber keineswegs. Dick legt doch eher selten das Gute im Menschen als treibende Kraft zugrunde, hat eben auch mal die Nerven, zwei Bösewichte in eine Geschichte einzubauen. Sozusagen einen für jeden Geschmack. Und über eben jenen lässt sich bekanntlich nicht streiten, darum meine Empfehlung: Es lohnt sich natürlich, den Film anzuschauen. Allein schon deswegen, damit er erfolgreich wird und sich endlich ein großer Geist mit dicker Brieftasche daran versucht, UBIK zu verfilmen.

Links zu Paycheck: Offizielle deutsche Film-Website | Offizielle US-Film-Website | Paycheck - Das Buch zum Film

»» zurück zur Feature-Übersicht
 

    © 2004  FÜR EIGENE TEXTE + GRAFIK  CHRISTIAN GACA  |  ANREGUNGEN:    |  DISCLAIMER